Die attraktive Innenstadt von morgen
13. Hessischer Stadtmarketingtag in Hanau
Veränderung prägt unsere Innenstadt: Das liegt zum einen an der digitalen Transformation, zum anderen am gesellschaftlichen Wandel. Wie mit dem Zusammenspiel dieser beiden Strömungen umgegangen werden soll wurde am Donnerstag, den 16. Mai 2019 auf dem Stadtmarketingtag in Hanau diskutiert. Motto der jährlich stattfindenden Veranstaltung war: „Vision. Findet. Stadt. Stadtmarketing 2.0“. Mit mehr als 180 Teilnehmern aus Hessen und anderen Bundesländern zählt der hessische Stadtmarketingtag zu den größten deutschen Fachtagungen auf seinem Gebiet.
Digitaler Wandel
„Hatte die Industrialisierung lange Zeit für Trennlinien gesorgt zwischen Arbeits- und Wohnwelten, Zentrum und Peripherie, so wird diese Trennung (…) in der digitalen Moderne wieder aufgehoben. Orte werden multifunktional und flüssig, ganz im Sinne einer hypermobilen to-go-Gesellschaft“, so Andreas Reiter, einer der Referenten der Tagung und Inhaber des ZTB Zukunftsbüros Wien.
Heutzutage würden vielschichtige Lebens- und Konsumwelten entstehen, in denen sich insbesondere Digital Natives entfalten könnten. Für Städte bedeute das aber, dass tradierte Konzepte, wie zum Beispiel der Einzelhandel, durch die digitale Transformation aussterben würden. Um dem entgegenzuwirken, müssten Stadtmarketingakteure dafür sorgen, dass ihr Wohnort strategisch zukunftsfähig bleibt. Ein Ansatz sei laut Herrn Reiter, Handelsformen und öffentliche Einrichtungen umzustrukturieren, sodass sie im Zuge des digitalen Wandels nicht zurückblieben.
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, um Innenstädte moderner und attraktiver zu gestalten?
„Die Welt ist in Bewegung, unsere Städte ebenso.“
Andreas Reiter (Inhaber des ZTB Zukunftsbüros Wien)

Deutsche Innenstädte brauchen Shoppingerlebnisse, Convenience und das gewisse Etwas
Was zieht uns am ehesten in die Stadt? Was wollen wir dort sehen, tun oder erleben? Eine Untersuchung des Instituts für Handelsforschung Köln liefert die Antwort. Im Rahmen des Projekts „Vitale Innenstädte 2018“ wurden deutschlandweit in 116 unterschiedlich großen Städten knapp 59500 Passanten vor Ort befragt, wie sie die jeweils besuchte Innenstadt bewerten und welche Kriterien sie dabei berücksichtigen, um herauszufinden, wie der Wandel hin zu einer zukunftsfähigen Stadt ablaufen sollte.
Die Ergebnisse sprechen eindeutig für ein ausgeprägtes Shoppingerlebnis. „Shopping“ war in allen Altersgruppen mit Abstand der meistgenannte Grund, eine Stadt besuchen zu wollen. Doch das ist längst nicht alles, was die Befragung aufgezeigt hat. Auf die Frage hin, wie man die Attraktivität von Städten steigern könne, kristallisierten sich vier Faktoren heraus, die entweder kurz- oder langfristig beeinflusst werden können und unterschiedlich stark auf das Gesamtbild eines Ortes wirken.
Langfristige Maßnahmen
… wirken sich am stärksten auf die Gesamtattraktivität einer Stadt aus, sind aber nur schwer umzusetzen.
- Ambiente/Flair: Das Ambiente einer Stadt misst sich insbesondere an ihren Gebäuden, Plätzen und Sehenswürdigkeiten.
- Einzelhandelsangebote: Gerade lokale Geschäfte verleihen einem Ort doch einen gewissen Charme – dennoch müssen Städte sich bundesweit der Herausforderung stellen, dass der Einzelhandel ausstirbt. Stadtmarketingakteure müssen sich mit der Frage beschäftigen, welche Handelskonzepte die Innenstadt der Zukunft prägen werden.
Kurzfristig veränderbare Faktoren
… nehmen weniger stark Einfluss auf die Gesamtattraktivität, können aber leichter adressiert werden und infolgedessen schnell Erfolge erzielen.
- Erlebnis: Zu den Erlebnissen einer Stadt gehören ihre Events und die Gastronomie.
- Convenience: Convenience bedeutet, Öffnungszeiten an die Bedürfnisse von Bürgern anzupassen und als Akteur erreichbar zu sein. Es gilt: Wer mit seiner Innenstadt punkten will, überzeugt sowohl auf Erlebnis-, als auch auf Convenience-Ebene.
Das IFH Köln betont, dass es keine „Erfolgsschablonen“ für Städte oder Handlungsstandorte gäbe. Es müsse individuell geprüft werden, welche Faktoren die Attraktivität eines Wohnortes schnell und effizient steigern können. Betrachtet man aber die kurzfristigen Lösungen, bietet es sich an, das vorhandene Erlebnis- oder Convenience-Angebot digital zu erweitern.
Cross-Channel-Services rüsten Städte auf
Eine Möglichkeit zur digitalen Aufrüstung ist der Einsatz von Cross-Channel-Services im Bereich des (Einzel-)Handels. Das heißt, dass lokaler Handel nicht nur herkömmlich, sondern auch online betrieben werden soll. 45 Prozent aller Einkäufe werden mittlerweile online vorbereitet – da kann gerade das Angebot eines Einzelhändlers völlig am Konsumenten vorbeigehen, wenn ersterer weder Website noch -shop führt.
Ein Lösungsansatz hierfür kann ein digitales Marktplatzsystem sein: Darauf unterstützen sich die eigene Heimat und der lokale Markt digital und lassen sich interaktiv abbilden. Händler bekommen die Chance, ihre Produkte kostengünstig online zu bewerben und zu vermarkten und dadurch neue Kunden ins Geschäft zu holen. Dies verhilft einer Stadt zu wirtschaftlichem Aufschwung und langfristig zu höherer Attraktivität. Denn darin liegt die Herausforderung, die den Wandel einer Innenstadt betrifft, heutzutage: Mehr denn je deren Attraktivität steigern zu müssen – und das vor allem digital.