Biegt Facebook sich den Datenschutz zurecht?
Im Februar 2019 verordnete das Bundeskartellamt, dass der Social-Media-Riese Facebook Daten über seine konzerneigenen Dienste (Facebook, Instagram und WhatsApp) nur mit freiwilliger Zustimmung durch deren Nutzer zusammenführen dürfe. Jüngst verstieß die Plattform jedoch gegen diese Verordnung und musste seine Profilbildung daraufhin (vorerst) stoppen – das entschied der Bundesgerichtshof.
Das sensible Verständnis von Nutzerdaten
Das Bundeskartellamt forderte Facebook auf, die unabhängigen Daten verschiedener Social-Media-Profile von Nutzern nicht länger unbefugt zu einem einzigen Profil zusammenzuführen. Facebook aber weigerte sich, seinen fragwürdigen Umgang mit den sensiblen Daten zu unterlassen und klagte stattdessen gegen die Entscheidung des Kartellamts. Daraufhin schaltete sich der Bundesgerichtshof ein. Dieser setzte die strenge Verbotsverfügung am Dienstag (23.6.) durch. Facebook muss seine plattformübergreifenden Datenpraktiken in ihrer bisherigen Form vorerst stoppen.
Die Daten von Nutzern spielen in den Geschäftsmodellen von Online-Unternehmen und Plattformen eine entscheidende Rolle. Mit diesen lässt sich auf dem Werbemarkt unter anderem Aufmerksamkeit generieren und Geld verdienen. Allerdings „bezahlen“ Nutzer aber auch mit ihren Daten, denn sie geben zwangsläufig private Informationen über sich preis.
Insofern ist der Rechtsrahmen, den das Kartellamt setzt, notwendig, um Plattformen wirksam zu regulieren. In der Plattformökonomie des derzeitigen Internets besitzen zum Beispiel kleine und mittlere Anbieter gar nicht die Reichweite im eigenen Angebot und in der Lebenswelt der Nutzer, um sich gegenüber regelrechter Giganten wie Facebook im „Spiel“ mit den Daten zu behaupten. Letztere können dann ihre Macht ausspielen und über die Köpfe ihrer Nutzer hinweg Entscheidungen treffen, die vermeintlich zu deren Besten sind, von denen aber allen voran „Datenkraken“ wie Facebook selbst profitieren.
Missbraucht Facebook seine marktbeherrschende Stellung?
Facebook begründete seine Vorgehensweise darin, Nutzern ein noch besser auf sie zugeschnittenes, plattformübergreifendes Angebot bieten zu wollen. Völlig außen vor gelassen wurde die Tatsache, dass dafür zum einen mehr Daten von einzelnen Nutzern benötig werden und zum anderen Nutzer dann noch mehr die Gefahr liefen, in ihre eigene Filterblase abzudriften. Das heißt, tatsächlich einzig und allein die (Werbe-) Inhalte zu sehen, die mit ihrer eigenen Meinung übereinstimmen und andere Standpunkte völlig zu ignorieren. Denn diese würden in den Feeds der sozialen Medien fortan nicht mehr für die Nutzer existieren.
Ob man das als Individuum nun aber will oder nicht, danach gefragt wird man – nicht! Dass Facebook seinen Nutzern diese Entscheidung ungefragt abnimmt und über ihre Köpfe hinweg entscheidet, dass das gefilterte, mit ihren Ansichten konforme Angebot als Zweck alle Mittel heiligt, ist eine Auffassung, die nicht nur der Vorsitzende Richter Meier-Beck des Bundesgerichtshof kritisch hinterfragen dürfte.
„Die entscheidende Frage ist, ob es statthaft ist, dass Nutzer bei Facebook keine Wahl haben.“
Peter Meier-Beck (Vorsitzender Richter des Bundeskartellamts)
Um datenschutzkonform zu sein, müssen Unternehmen künftig verantwortungsvoll, ethisch und pflichtbewusst mit den sensiblen Daten von Nutzern umgehen. Das sieht, allen voran, die Datenschutz-Grundverordnung vor.
Pfeifen Plattformen und Unternehmen aber auf die Data Privacy ihrer Kunden und Nutzer, kann das schwerwiegende, langfristige Folgen haben. Wie im Falle von Facebook, das – trotz seines Verstoßes und Versagens, die Entscheidungsfreiheit seiner Nutzer zu respektieren – seinen Beschluss zur Profilbildung und seine Stellungnahme, dass kein kartellrechtlicher Missbrauch vorliege, noch immer mit den Worten verteidigt: „Es wird keine unmittelbaren Veränderungen für die Menschen oder Unternehmen geben, die unsere Produkte und Dienstleistungen in Deutschland nutzen.“
Schließlich soll ja keiner mitkriegen, dass Facebook seine Daten unbefugt sammelt und zusammenführt.